Foto: Joachim Figuth, Repro aus Hilmar Thates Autobiografie „Neulich, als ich noch Kind war“

Abschied von Hilmar Thate

Berlin. Der Himmel war bedeckt, doch für den letzten Auftritt von Hilmar Thate öffnete er sein Wolkenfeld und ließ die Sonne scheinen. Es ist der 30. September, die Stunde zwischen elf und zwölf, auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof an der Chausseestraße. In der lichtdurchfluteten Trauerhalle fällt mein Blick über die Reihen der Angehörigen, engen Freunde, gemochten Kollegen auf das gerahmte Schwarzweiß-Porträt des Schauspielers. Sein Blick schaut nachdenklich, ein bisschen versonnen, in der Hand eine Zigarette. Er ist so nah und doch so fern.

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Der Sarg aus mattiertem Kirschholz mit nur zwei Sonnenblumen darauf, daneben Kränze aus bunten Herbstblumen geflochten, zeugt von der Unwiderruflichkeit des erloschenen Lebens eines Menschen, der ein besonderer war. Als Schauspieler, als Freund, als Gesprächspartner. Charmant, sensibel und zugleich kraftvoll. Unbeugsam in seiner Haltung, seinem Sinn für Gerechtigkeit. Er fehlt nun. Und vor allem seiner Frau, der Schauspielerin Angelica Domröse. Ihre Liebe war ein enges Bündnis voller Emotionen und einer bewegten, ja, oft stürmischen Realität. Hilmar Thate starb am 15. September mit 85 Jahren. Letztlich an den Folgen eines schweren Sturzes, der ihm die Lebenskraft nahm, wie ich heute erfuhr.

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Tapfer nimmt Angelica Domröse die Kondolenzen entgegen. Links neben ihr Hilmar Thates Sohn Hanno

Es wird ein stiller Abschied, so wie er ihn sich gewünscht hat. Keine Trauerrede. „Hilmar wollte keine Rede zum Abschied. Das hat er mir gesagt, das hat er Angelica gesagt. Lasst uns also jetzt und hier im Stillen und jeder mit seiner Erinnerung an einen besonderen Menschen und unvergesslichen Schauspieler denken“, sind die einzigen Worte des Abschieds. Gesprochen von Drehbuchautor Wolfgang Kohlhaase, einem Freund, in dessen DEFA-Film „Der Fall Gleiwitz“ Hilmar Thate 1960 die Schlüsselrolle spielte.

Für diese Minuten des Innehaltens hatte Angelica Domröse eine bizarre Straßenmusik ausgesucht, die sie vor Jahren auf einer Party gehört hatte und sich von dem Gastgeber überspielen ließ. „Sie hat uns so gefallen“, sagt sie. Als danach „Pablos’s Blues von Miles Davis“ verklungen war, geben wir Hilmar Thate das letzte Geleit. Neben mir läuft Schauspieler Christian Grashof, hinter mir sehe ich Schauspielerin Jutta Hoffmann mit ihrem Ehemann, dem Regisseur Nikolaus Haenel, und Schauspieler Carl Heinz Choynski.

Mein letzter Gruß ist eine weiße Rose.

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„Ich höre auf zu leben, aber ich habe gelebt. So leb auch du, mein Freund, gern und mit Lust und scheue den Tod nicht.“ Zitat aus „Egmont“, von Johann Wolfgang von Goethe.

 

3 Kommentare zu „Abschied von Hilmar Thate“

  1. Auch wenn er körperlich nicht mehr da ist, wird er für seine Frau immer noch anwesend sein – er ist nur in einen anderen Raum gegangen.
    Ich wünsche ihr viel Kraft und Stabilität für die Zukunft…
    Wir werden diesen tollen Menschen und großartigen Schauspieler nie vergessen.

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  2. Ach, lieber Hilmar! Wir haben so wichtige und gute Drehtage gelebt im Film „Zement“. Nie vergesse ich deine großartige schauspielerische Leistung als Richard III. Ich werde immer mit Bewunderung von Dir reden und an Dich denken. Ursula Werner

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